
Rauchen auf Veranstaltungen
6. Dezember 2014
Berufsbeschreibung Tontechniker
9. Dezember 2014Der Berliner Technotempel Berghain hat sich im Laufe der Zeit zur Kultstätte endloser Mythen entwickelt. Da wurde dem Club etwa im exzentrischen Werk einer jungen Autorin ein literarisches Denkmal gesetzt. Ein Technoblogger setzte mit Berghain-Bekenntnissen noch einen drauf. Ein Club der krassen Gegensätze mit verführerischer Anziehungskraft. Die internationale Technoszene wird vom Berghain so magisch angelockt, wie Motten vom Licht.
Berghain, ein Partymekka der Extraklasse im Osten der Stadt, befindet sich in einem ehemaligen Heizkraftwerk. Das 50er Jahre Trumeau, im neoklassizistischen Industriestil, liegt auf dem Gelände des ehemaligen Ostbahnhofs. Als direkter Nachfolger des Berliner Technoclubs Ostgut, bekannt durch seine exzessiven Snax-Veranstaltungen, wird das Berghain ab 2004 erfolgreich von dem Duo Teufele und Thormann betrieben und hat in den letzten Jahren immer wieder für Furore gesorgt.
Was macht das Berghain so interessant,dass das internationale Technopublikum drei Tage lang durchtanzen möchte? Die Betreiber selbst lassen kaum was verlauten, geben keine Interviews, halten sich bedeckt. Der Brite „DG Mag“ hatte das Berghain 2009 zum besten Club der Welt gewählt, für die internationale DJ –Szene ist die Location das Nonplusultra für Minimal, Elektro, Techno und House. Die Liste derer, die Lobeshymnen anstimmen, ist lang und diejenigen, die hier auflegen, gehören zweifellos zur internationalen Techno-Creme.
Berghain ist auffällig und krude, durchgeknallt und exzentrisch. Aber getreu nach dem Motto, Klasse statt Masse, hebt es sich extrem von anderen europäischen Clubs ab.
Auf drei Etagen lebt eine frenetische Ravergemeinde von etwa 1.500 Menschen ihre absolute, mehrstündige Ekstase aus. Nach dem Motto: „God is a DJ“ wird hier Experten wie Ben Klock, Miss Kittin oder Rolando gehuldigt. Das Obergeschoss erlangt durch die kleinere Panorama Bar eine stimmige Bereicherung. Frivole Darkrooms laden zu intimen Spielchen ein und auf den Unisexklos darf es auch gerne getrieben werden. Längst ist über alle Grenzen bekannt, dass es dort keine Spiegel gibt und fotografieren soll auch streng verboten sein. Allein schon die Inneneinrichtung spricht Bände: viel Gummi, Leder, Beton, Chrom und Stahl. Dazu zeitgenössische Kunst wie Piotr Nathans beeindruckende grafische Auseinandersetzung mit den vier Elementen, sowie Grafiken und Fotografien hochkarätiger Künstler, die dem Club nahestehen und mit ihren Werken dem Berghain etwas Extravagantes, wenn nicht sogar Elitäres verleihen.
Zerberus Sven Marquardt, eine Berliner Türsteher-Institution, gewährt natürlich nicht Krethi und Plethi Einlass in die Kultstätte der Subkultur. Betrunkene Rüpel werden ebenso abgewiesen wie zu altes oder einfach zu junges Publikum. Geschmacklose Outfits punkten dabei genau so schlecht wie overdressed. Dabei wird nicht unbedingt an rigorosen Dresscodes festgehalten, denn wer dem Türmann und Künstler Marquardt gefällt, ist der Einlass gewährt. So ist das Publikum auch schön durchmischt: Homosexuelle, Heteros und Bis geben sich dem Rave und anderem hin. Ganz wichtig: die Feierlaune steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Vom Bankangestellten bis zum Studenten, alle vereint im gleichen Vorhaben. Abtanzen, bis nichts mehr geht. Enfant terrible Marquardt ist übrigens ein anerkannter und äußerst talentierter Fotograf, der seine Werke nicht nur im Club, sondern auch in Berliner Trendgalerien präsentiert. Wer nun die eiserne Tür glücklich passiert hat, darf sich vom Security-Personal noch mal gründlich die Taschen filzen lassen. Wer jetzt die laschen 12 Euro an der Kasse entrichtet, der hat es geschafft, er darf sich alles zu eigen machen, in der schönen neuen Welt des betörenden Rausches.
Mittlerweile hat sich Club Berghain von der Techno-Tanzbar zum Kunsttempel gemausert: Außerhalb der Dance-Zeiten findet ein gängiges Kulturprogramm statt. Anspruchsvolle Ausstellungen, Performances, Theateraufführungen aber auch Konzerte machen den Club zum Publikumsmagneten. So war Anfang November der talentierte Countertenor Andreas Scholl mit seinem Barockprogramm zu Gast. Trotz aller Unkenrufe und bedenklicher Stirnfalten, der Club Berghain bereichert in seiner Einzigartigkeit die aktuelle Club-Landschaft.